Chemiepark Lülsdorf mit weitreichender Infrastruktur: Laboranten

Chemiepark als Hub für Start-ups

Veröffentlichung in "CHEManager" Ausgabe 6/2024

Autor: Michael Rötepohl, Site Development, Chemiepark Lülsdorf

Chemieparks stehen im rauen Wettbewerb um industrielle Produzenten und gewerbliche Nutzer. Eine hohe Standortauslastung ist die Basis für ein attraktives Standortdienste-Angebot. Doch was hält einen Chemiepark nachhaltig attraktiv für bestehende Kunden sowie für neue Ansiedler? Was kann der Chemiepark tun, um auch stets Innovation anzuziehen? Und wie kann er besonders im Bereich Forschung & Entwicklung zum Nutzen aller am Standort beitragen?

In einer ersten Betrachtung kann ein Chemieparkbetreiber originä­re F&E­ Dienstleistungen für seine Kunden erbringen. Und dies nicht einmal einschränkend ausschließ­lich für Nutzer vor Ort, sondern auch für Kunden außerhalb. Letzte­res besonders dann, falls es gelingt, einen spezifischen und im Markt nachgefragten Schwerpunkt inner­halb des F&E­ Servicespektrums zu entwickeln und anzubieten. Hier sollten bestimmte Umstände günstig sein, wie bspw. ein spezifischer Bedarf eines bestehenden Kunden am Standort, der auch im externen Markt große Nachfrage erzielen kann.

In einer zweiten Betrachtung hat ein Chemieparkbetreiber die Möglichkeit, „passende“ Start­ups an­zusiedeln. Diese können ein neues chemisches Herstellungsverfahren entwickeln, einen alten etablierten Produktionsprozess auf neue Anwen­dungen umwidmen oder völlig andere Herausforderungen in einem Chemie­ park adressieren – um z.B. ein tech­nisches Problem zu lösen oder sich um weitere Schritte bei Decarbonisie­rung, Defossilierung, Digitalisierung etc. bis hin zu Entbürokratisierung zu bemühen. Hier kann der Chemiepark ein idealer Inkubator sein. Er kann in besonderem Maße neben Freiflächen, Gebäuden und allen benötigten Stand­ ortdiensten von der Energie­ und Me­dien­versorgung über Logistik und In­standhaltung bis hin zur Abfall­ und Abwasserentsorgung auch eine Umgebung anbieten, in dem ein Start­up bereits in frühen Stadien unter realen Industriebedingungen „ausprobieren“ kann und in seiner technologischen Hochskalierung bestmögliche Unter­stützung findet.

In einer dritten Betrachtung hat ein Standortmanager die passenden Beziehungen in die chemische Industrie, um Bedarfe für neue Herstellungsverfahren oder gar chemische Produkte zu identifizieren und somit gezielt passende Start-up-Unternehmen mit ihren innovativen Ideen zu suchen und zu finden. Wenn hier dann im Chemiepark bereits ein solcher spezifischer Bedarf besteht, kann ein junges Unternehmen bestmöglich in der Entwicklung seiner Technologie unterstützt werden, da am Standort vorhandene Rohstoffe auf ihre Verarbeitbarkeit oder erzeugte Zwischenprodukte auf ihre Weiterverarbeitbarkeit hin in der bereits bestehenden Wertschöpfung „in real Life“ getestet werden können. Besonders im Stadium von Pilotanlagen, in dem besonders viel noch geschraubt und getüftelt wird, sind Erfahrungen von Werkstätten, Engineering, Kläranlage, Dampfbetrieben etc. besonders hilfreich. Denn in vielen Fällen ist den Mitarbeitenden dort ein auftretendes Problem meist schon an anderer Stelle begegnet und vorhandene Lösungen finden erneut Anwendung.

In einer vierten Betrachtung, der Königsklasse der Start-up-Ansiedlung, kann ein Standortbetreiber die Vision für eine bestmögliche Wertschöpfungskette am eigenen Standort entwickeln und sogar mehrere Start-ups mit ihren Edukten, Herstellungsverfahren und Produkten sogar „in Kopplung“ oder „in Reihe schalten“, um neue Stoffströme zu etablieren. Dies kann geradezu ein Boost zur Nachhaltigkeitssteigerung im Chemiepark sein und eine angestoßene Transformation beschleunigen. Und es ist nicht zu unterschätzen, wie sich eine entstehende Start-up-Community an einem Chemiestandort gegenseitig inhaltlich befruchten, anspornen und unter den Augen der etablierten ansässigen Großchemie auch gemeinschaftlich behaupten kann. Spätestens in einem solchen Stadium ist es zwingend, den Industriepark an die akademische Forschung und Lehre anzuschließen und eine Kooperation mit einer Hochschule einzugehen, um auch die Nestwärme eines Campus an die etablierte professionelle industrielle Atmosphäre zu koppeln. Dies alles ist wesentlicher Bestandteil der Entwicklungsvision des Chemieparks Lülsdorf – ein Ort an dem Start-ups ihren Platz in der Wertschöpfung der Chemieindustrie finden können, sich aber auch wohl und zuhause fühlen sollen.

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